Tränen der Sonne
(Tears of the Sun)
USA 2003, 121 Minuten
Regie: Antoine Fuqua

Drehbuch: Alex Lasker, Patrick Cirillo
Musik: Hans Zimmer
Director of Photography: Mauro Fiore
Montage: Conrad Buff
Produktionsdesign: Naomi Shohan, David Lazan

Darsteller: Bruce Willis (Lt. A. K. Waters), Monica Bellucci (Dr. Lena Kendricks), Paul Francis (Danny „Doc“ Kelley), John Messner (Kelly Lake), Tom Skerritt (Captain Bill Rhodes), Fionulla Flanagan (Schwester Grace), Pierrino Mascarino (Pater Gianni), Jimmy Jean-Louis (Gideon), Eamonn Walker (Ellis „Zee“ Pettigrew), Cole Hauser (James „Red“Atkins), Nick Chinlund (Michael „Slo“ Slowenski), Charles C. Ingram (Demetrius „Silk“ Owens), Chad Smith (Jason „Flea“ Mabry), Malick Bowens (Colonel Idris Sadick), Akosua Busia (Patience), Peter Mensah (Terwase)

Schwach !

Auf irgendeine Weise ist „Tears of the Sun“ so etwas wie „Die Hard“ in Afrika, wenn auch in Dialogen, Mimik und Gestik zurückhaltender – eben ein letztlich auf Bruce Willis zugeschnittener Genre-Film, in dem der Held vor allem einer Frau, daneben aber auch noch ein paar anderen Menschen das Leben retten soll.

Willis spielt Lieutenant Waters, der den Auftrag erhält, die Ärztin Dr. Kendricks (Monica Bellucci) aus Nigeria herauszuholen, weil deren Leben durch nigerianische Rebellen, die den Präsidenten des Landes und seine Familie ermordet haben, gefährdet ist. Kendricks arbeitet als Ärztin in einem notdürftigen Krankenlager irgendwo im Urwald, zusammen mit zwei Nonnen und einem katholischen Priester, die ebenfalls mit Hubschraubern an Deck des amerikanischen Kriegsschiffs Harry S. Truman gebracht werden sollen. Das Kommando dort führt Captain Bill Rhodes (Tom Skerritt). Der Auftrag ist eindeutig: Vier Leute retten, sonst niemand. Dr. Hendricks und die anderen allerdings wollen ihre afrikanischen Patienten nicht allein lassen, und so versucht Waters, durch einen Trick die Ärztin dazu zu bewegen, ihr zum vereinbarten Landeplatz zu folgen. Er lässt die Patienten, die gehen können, mitkommen, verkündet dann allerdings, dass er sie nicht in die Hubschrauber steigen lässt. Währenddessen werden die zwei Nonnen und der Priester, die zurückbleiben wollten, sowie sämtliche anderen Nigerianer von den Rebellen ermordet.

Als Waters vom Hubschrauber aus ein Dorf sieht, in dem ein solches Massaker angerichtet wurde, kehrt er um, lässt einige der geflüchteten Patienten in die Hubschrauber und geht mit Hendricks und den anderen in Richtung der Grenze zu Kamerun. Die Rebelleneinheit allerdings, etwa 30 bis 40 Mann, verfolgt die Flüchtenden, und schon bald wird Waters bewusst, dass sich unter den Patienten ein Verräter befinden muss ...

Man kann diesen Film sicherlich allein von der Handlung her schon unter vielen Gesichtspunkten kritisieren, etwa: wieder einmal rettet das amerikanische Militär Menschen, die durch Völkermord bedroht sind. Im Abspann des Films lässt Fuqua ein Zitat des englischen Konservativen und Kritikers der französischen Revolution, Edmund Burke, über die Leinwand laufen: „Alles, was für den Sieg des Bösen notwendig ist, ist für einen guten Menschen, nichts zu tun.“ Untätigkeit lässt „das Böse“ siegen – eine solche Aussage stimmt natürlich immer – und nie. Sie ist allgemeingültig, abstrahiert von den konkreten Umständen, in denen Böses geschieht, und kann daher für alles oder nichts herhalten. „Tränen der Sonne“ ist derart angelegt, dass dieser Satz des alten Burke funktioniert, funktionieren muss, wenn man sich auf die konkrete Situation einlässt. Denn die Entscheidung, die Waters trifft – nicht nur die Ärztin, sondern auch ihre Patienten zu retten –, ist im konkreten Fall eine unzweideutige Entscheidung für das Leben und gegen die Bestialität. Und diese Entscheidung hat weniger etwas mit amerikanischer Weltmachtrolle, Irak-Krieg oder dergleichen zu tun, sondern eher mit dem Gewissen eines einzelnen Soldaten, der im Angesicht des Grauens auf seinen Befehl pfeift und die rettet, die er retten kann.

Fuquas Film taucht den Betrachter ein in die Schönheit des afrikanischen Urwalds, den Regen, den Nebel über den Wäldern, und Hans Zimmer sorgt mit seiner Filmmusik für die entsprechende Atmosphäre. Diese Stimmung konfrontiert Fuqua mit der Brutalität nigerianischer „Rebellen“, die in Wahrheit nicht rebellieren, sondern sich in Rache, ethnischer Säuberung, Vergewaltigung, Brandschatzung und fürchterlichem Mord üben. Diese Spannung zwischen Ästhetik des Schönen und des Grausamen produziert stellenweise schon die innere Zerrissenheit, die beim Betrachter hervorgerufen werden muss, damit die Geschichte funktioniert.

Allein, überzeugen kann das alles nur, wenn es von Figuren, Dialogen usw. getragen wird, die etwas produzieren, was absolut notwendig ist, damit Burkes Satz „Futter“ erhält: Tiefe. Und genau daran fehlt es „Tears of the Sun“. Während Fuqua in „Training Day“ zwei überzeugende Charaktere präsentierte, die zwei völlig unterschiedliche Auffassungen von Polizeiarbeit repräsentierten, zwei Charaktere, mit denen man warm werden konnte (im positiven wie im negativen Sinn), setzt er uns in seinem neuen Film Statisten vor die Nase. Ganz abgesehen davon, dass Tom Skerritt, Cole Hauser und Fionulla Flanagan (bekannt aus „The Others“), um die bekannteren zu nennen, sowie die anderen Nebendarsteller, und da eben auch die, die die Patienten spielen, zu reinen Statisten, Stichwortgebern und ähnlichem degradiert werden, gilt kaum etwas anderes für Monica Bellucci und Bruce Willis. Die Bellucci spielt nichts anderes als eine fahle Bilderbuchärztin aus dem Dschungel, von der man zwar erfährt, dass ihr Mann an anderem Ort in Afrika ums Leben gekommen ist, sonst aber nichts. Vor allem aber hat die Bellucci kein Format. In einer Szene verbindet sie Waters den Arm. Die beiden sind sich inzwischen näher gekommen, weil sie sein Engagement bewundert, auch gegen seinen Befehl zu handeln. Doch diese Szene verbleibt in einem Raum, der diese Nähe nur vortäuscht, weil das Drehbuch sie vorschreibt, nicht aber, weil zwei Schauspieler sie überzeugend darstellen.

Bruce Willis habe ich ehrlich gesagt noch nie in einer derart schwachen Rolle gesehen. „Tears of the Sun“ geht sparsam mit Dialogen um, aber wenn einmal gesprochen wird, sausen einem Klischees und lächerliche Sätze um die Ohren, die Bruce Willis Mimik, sein geradezu stoisches Schweigen nicht wettmachen kann. Manchmal wirkt der Film fast wie ein äußerst schlechter und daher kontraproduktiver Werbefilm für irgendeine Menschenrechtsorganisation, wobei die Betroffenen, die potentiellen Opfer des Genozids sowieso nichts zu sagen haben.

Bilder können täuschen. Und gerade Mauro Fiores wunderschöne und zugleich schreckliche Bilder, gepaart mit der Musik Hans Zimmers, können täuschen, wenn man sich auf sie einlässt und alles andere „hinnimmt“. Täuschen nämlich darüber, dass die dahinter erzählte Geschichte nicht überzeugen kann, weil sie sich im Grunde „neben“ diesen Bildern abspielt, eben „dahinter“ abläuft. Abstrahiert man von den Bildern, bleibt ein in Dialogen, schauspielerischen Leistungen und Geschichte äußerst schwacher Plot.

© Bilder: Sony Pictures