X-Men 2
(X 2)
USA 2003, 133 Minuten
Regie: Bryan Singer

Drehbuch: Michael Dougherty, Daniel P. Harris
Musik: Michael Kamen, John Ottman
Director of Photography: Newton Thomas Sigel
Montage: John Ottman
Produktionsdesign: Guy H. Dyas, Geoff Hubbard, Helen Jarvis

Darsteller: Patrick Stewart (Prof. Charles Xavier), Hugh Jackman (Logan / Wolverine), Sir Ian McKellen (Eric Lensherr / Magneto), Halle Berry (Storm), Famke Janssen (Jean Grey), James Marsden (Scott Summers / Cyclops), Rebecca Romijn-Stamos (Mystique), Brian Cox (William Stryker), Alan Cumming (Kurt Wagner / Nightcrawler), Bruce Davison (Senator Kelly), Anna Paquin (Rogue), Kelly Hu (Yuriko Oyama), Aaron Stanford (John Allerdyce / Pyro), Katie Stuart (Kitty Pryde), Michael Reid MacKay (Jason 143), Keely Purvis (kleines Mädchen 143), Shawn Ashmore (Bobby Drake / Iceman), Kea Wong (Jubilee), Daniel Cudmore (Colossus), Connor Widdows (Jones), Bryce Hodgson (Artie), Cotter Smith (Präsident McKenna)

Die Evolution macht Sprünge ...

... Die Welt wird von „normalen“ Menschen bevölkert und von Mutanten, die allerlei Fähigkeiten besitzen, von denen wir Normalsterbliche nur träumen können (oder auch nicht). Einer kann mit Hilfe seines Feuerzeuges in Nullkommanix zündeln, andere können ihre Gestalt jederzeit ändern, ein weiterer Mutant ist Teleporter, d.h. er kann sich und andere von einem Ort durch dicke Wände zum anderen beamen. Was für eine Welt! Zumal es auf beiden Seiten, bei den von der Evolution „vernachlässigten“ und den mutierten Menschen, selbstverständlich Extremisten und Vernünftige gibt. Der gnadenlose Mutantenfeind heißt General William Stryker (Brian Cox), der vor allem aus persönlichen Gründen die „Minderwertigen“ ins Jenseits befördern will. Auf seiten der Mutanten heißt der Bösewicht Eric Lensherr, genannt Magneto (Sir Ian McKellen), der wiederum den nicht mutierten Menschen den Garaus machen will. Allerdings sitzt er fest – im gestylten Hochsicherheitstrakt unter den Fittichen von Stryker. Zur Seite steht Magneto Shapeshifter Mystique (Rebecca Romijn-Stamos), der (oder die?) seine (oder ihre?) Gestalt jederzeit verändern kann – in jeden x-beliebigen Menschen – und enorme Kräfte hat.

Zwischen diesen Extremen stehen die Vernünftigen, die Wohlgesonnenen, die auf Ausgleich und Verständigung bedachten Menschen und Mutanten, allen voran natürlich Prof. Xavier mit seiner Mutantenschule, der sich über eine Apparatur namens Cerebro der Gedanken sämtlicher mutierter und nicht mutierter Menschen bemächtigen kann, allerdings der Friedensfraktion angehört und deshalb mit Cerebro nichts Böses im Sinn hat. Xavier zur Seite stehen Wolverine, der sein Gedächtnis verloren hat, jetzt Logan (Hugh Jackman) heißt und messerscharfe Finger hat, Jean Grey (Famke Janssen), die Gedankenleserin, sozusagen das Orakel der Truppe, die in Scott (James Marsden) verliebt ist, ihrerseits aber von Logan angebetet wird, Storm (Halle Berry wasserstoffblond), deren Augen so einiges bewegen können, der „feurige“ John, genannt Pyro (Aaron Stanford) und Bobby, genannt Iceman (Shawn Ashmore), der in Sekundenschnelle alles zu Eis erstarren lassen kann.

Eine muntere Gesellschaft also, zu denen sich noch allerlei Volk hinzugesellt.

Ja, und dann ist da natürlich noch Mr. President McKenna (Cotter Smith), auf den eines schönen oder auch weniger schönen Tages ein Anschlag verübt wird. Eine Gestalt, gegenüber der die Sicherheitskräfte des Weißen Hauses machtlos sind, dringt während einer Führung ahnungsloser und gesetzestreuer Bürger in die Zentrale der Macht, löst sich in Bruchteilen von Sekunden auf, weicht den Kugeln auf diese Weise aus, die ihm von allen Seiten um die Ohren schwirren, und legt den Präsidenten flach – auf den Präsidententisch. Zum Messermord kommt es dann allerdings nicht. Mr. President ist platt und verängstigt. Und Stryker, der natürlich – wie sollte es anders sein – eine Mutantenverschwörung mit dem Ziel der Eroberung der Welt vermutet, bekommt eine Art Generalvollmacht zur Vernichtung der mutierten Bösewichter.

Der potentielle Attentäter hat den schönen deutschen Namen Kurt Wagner (Alan Cumming), sieht aber wahrlich nicht so aus, wie er heißt, und bekommt deshalb den Zusatz „Nightcrawler“. Kurt ist missbraucht worden, denn eigentlich ist der schnelle Kerl ein friedliebender und gottesfürchtiger Mutant, der bei jeder passenden Gelegenheit die Bibel zitiert. Storm und Jean finden ihnen – gottlob – im Auftrag Xaviers vor Stryker, und so gesellt sich unser Kurt zu den Peacemakern, die nun allerhand zu tun haben, um Stryker das Handwerk zu legen.

Der nämlich hat nur eines im Sinn: Cerebro Xavier zu entwenden. In einer Nacht- und Nebelaktion lässt er das Internat Xaviers überfallen, tötet etliche Mutanten, bemächtigt sich Cerebro, entführt Xavier, der als einziger das „Instrument“ spielen kann und benutzt den eigenen Sohn, um Xavier gefügig zu machen und ihn dazu zu zwingen, sämtliche Mutanten auf der Erde – und das sind inzwischen einige Millionen – ins Jenseits zu befördern.

Logan und den anderen bleibt nicht viel Zeit, um Strykers Schurkenversteck ausfindig zu machen und dessen Plan zu durchkreuzen. Notgedrungen arbeiten sie mit Magneto zusammen, der sich mit Hilfe von Mystique aus der Gewalt Strykers befreien konnte ...

Bryan Singer und seine Crew betrieben einigen personellen und technischen Aufwand, um das Sequel zu „X-Men“ (2000) erfolgreich werden zu lassen. Visuell und tricktechnisch befindet sich der Film auf der Höhe der Zeit, und langweilig wird einem die Sache über mehr als zwei Stunden angesichts des zumeist hohen Tempos nicht. Allerdings – wie schon aus den einleitenden Sätzen deutlich wird – schwirren derart viele Personen durch den Film, dass eine Konzentration auf charakterliche Tiefe einzelner Figuren nur unzureichend gelingen kann, obwohl einiger Anlass dazu bestehen würde – z.B. bezüglich Logan (eine Figur, die noch am ehesten „ausgebaut“ wurde), Magneto, Jean, Scott und Xavier.

Gefallen hat mir die einerseits sich in vornehme Zurückhaltung übende Figur des Nightcrawlers, den Alan Cumming andererseits – wenn es darauf ankommt – als „flinkes Wiesel“ in Szene setzt. Cumming hat mich am meisten überzeugt. Auch Ian McKellen kann der Figur des Magneto einiges abgewinnen. Insgesamt jedoch verhindert die Flut von Personen eine Konzentration auf wesentliches. Das gilt im übrigen auch für die Geschichte selbst, die an sich einfach aufgebaut ist, aber dennoch zu mehr Tiefe Anlass hätte geben können. Es handelt sich schließlich bei den Konflikten zwischen Menschen und menschlichen Mutanten um eine (fiktive) Form von Rassismus bzw. um Ängste und Vorurteile, die von Stryker bzw. auf der anderen Seite Magneto für Vernichtungsstrategien benutzt werden. In einer Szene beispielsweise, als Iceman (Bobby Drake), Logan und andere sich zu den Eltern Drakes geflüchtet haben, erfahren diese, dass ihr Sohn ein Mutant ist. Gerade solche Zusammentreffen hätten dafür gesprochen, die Aspekte des Konflikts mehr auszuleuchten – immerhin dauert der Film 133 Minuten, man hätte also durchaus Zeit gehabt. Statt dessen verpufft der Konflikt in einem Witz (darüber, dass der Vater genetisch verantwortlich dafür sei, dass der Sohn Mutant sei) und Gewalt (als die Polizei aufgrund eines Anrufs des Bruders Bobbys erscheint und die Mutanten festnehmen will).

Auch die Liebeskonflikte zwischen Logan und Jean bzw. Iceman und Rogue (Anna Paquin) sind eher schwach in Szene gesetzt und erscheinen so mehr als Füllstoff, denn als Sub-Plot. Dafür wird immer wieder auf die Erinnerungslücken Logans Bezug genommen, was in dieser Vielzahl nicht nötig gewesen wäre.

Trotz alldem erzeugt „X-Men 2“ doch überwiegend Spannung, ist technisch und visuell gut gelungen und sicherlich für jeden Sciencefiction-Fan ein überdurchschnittlicher Genuss. Der Film macht weitgehend Spaß und das trotz einiger weniger Längen, die – wie gesagt – besser für Geschichte und Charaktere hätten genutzt werden können.

© Bilder:
12th Century Fox